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Die weiße Rose

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Eine Stockerauer Legende aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges

In Grafendorf stand bis vor einigen Jahren ein altes Gebäude, der “Rote Hof“. Seit wann und warum dieser mächtige Herrensitz “Roter Hof“ genannt wurde, lässt sich nicht genau feststellen. Sicher ist, dass er schon vor dem Dreißigjährigen Krieg bestand. In dieser Zeit erhob sich neben ihm ein Wehrbau, der wahrscheinlich von den Schweden zerstört wurde. Darauf deutet auch der Name “Öde Feste“ hin, mit der Christopherus Geyer von Edelbach nach Zustimmung des Landesherrn vom Ferdinand Freiherrn von Herberstein 1655 belehnt wurde. Vor ihm hatte die Feste Mathias Federer “als Hof innegehabt“. An diese “öde Feste“ erinnert folgende Legende:

An einem Morgen im März 1645 lagen die Bewohner des benachbarten Marktes noch im tiefen Schlummer, als im “Roten Hof“ schon reges Leben und treiben herrschte. Gewappnete Knechte, geschäftige Trossbuben, neugierige Mägde, besorgte Mütter, aber auch ungeduldige wiehernde Pferde standen erwartungsvoll im weiten Hofraum. Während die jungen Menschen sorglos scherzten und lachten, wischte sich manches Mütterlein verstohlen eine Träne von der Wange. Es galt für lange, bange Tage vom geliebten Mann, vom Sohn oder Bruder Abschied zu nehmen, vielleicht für immer. Sie sollten den Weg nach dem Norden Niederösterreichs einschlagen, obwohl sie wussten, dass dieser Ritt nicht ganz ungefährlich war, da sich bereits die Schweden unter General Torstenson der Landesgrenze näherten. Das geschäftige Treiben der Dienstleute verstummte, als der Brugherr Mathias Federer und sein Sohn Heribert den Hof betraten. Der Burgherr richtete an den Sohn und seine Reiter Worte des Abschieds. “Mein Heribert! Getreue Mannen! Jeder von euch kennt das Ziel der Reise. Es ist unser Lehenshof in Unterretzbach, auf dem sich noch meine Base Gertrudis und ihre Tochter Gerlinde, deine liebe Braut, Heribert, befinden. Nicht ohne Gefahr ist euer Unternehmen. Gebe Gott, dass ihr beide Frauen auf einem sicheren Weg hierher geleiten könnt. Möget ihr alle wieder gut zurückkommen!“ Nachdem er Heribert noch eingeschärft hatte, auf die Weisungen des wegkundigen Altknechtes Jörg zu achten, erteilte er Junker und Knechten den Reisesegen.

Heribert erwiderte kurz und mit innerer Ergriffenheit. Dann forderte er seine Reiter auf, aufzusitzen. Während die Frauen weinten und winkten, zog die Schar in den herrlichen Frühlingsmorgen hinaus.

Nach einem langen Ritt gelangten sie zu einem Rastplatz, der inmitten eines kleinen Gehölzes lag. Es wurden gleich Posten ausgestellt. Nach einiger Zeit setzte die Reiterschar gestärkt und ausgeruht den Weg fort, benützte aber nicht mehr die Straße, sondern den Feldweg, der durch tiefer gelegenes Ackerland führte. Als schon die Dämmerung hereinbrach, hielten die Reiter in einem Hohlweg, der sich nicht mehr weit von der Siedlung befand, in deren Mitte ein stattlicher Hof lag. Dies war das Ziel.

Als es dunkel geworden war, schlichen sich der Junker und Jörg zu einem Haus, das sich in der Nähe befand. Die Räume lagen im Dunkel, das Gebäude schien unbewohnt. Nachdem sie mehrmals geklopft hatten, trat ein alter Mann vor das Tor und fragte nach ihrem Verlangen. Und da er glaubte, plündernde Schweden vor sich zu haben, zeigte er auf seine Leeren Hosentaschen. Indem er immer wieder beteuerte, nichts, rein nichts zu besitzen. “Aber Mann,“ fiel ihm der Junker in die Rede, “wir sind ja keine Feinde, wir sind Landsleute. Wir wollen nur wissen, ob der Schwed’ schon in der Näh’ ist“. “Der Schwed’? Im Dorf drinnen wimmelts von ihnen. Seit gestern nachts rauben und plündern sie und haben auch den Hof gar arg zugerichtet. Die Lehensfrau und ihre Tochter erschlagen und manchen ehrsamen Bürger“. “Was sagt ihr da, die Lehensfrau Gertrudis und ihre Tochter Gerlinde erschlagen? Ihr macht mich wahnsinnig!“ fuhr Heribert den zitternden Alten an. “Mir hat es Gerhard, des Nachbars Sohn gesagt. Er hat es mit eigenen Augen gesehen“, bekräftigte der Mann. Da sank der Junker, vom Schmerz überwältigt, in die Knie und sandte ein heißes Gebet zum Himmel, dass sich doch die schreckliche Nachricht des Alten nicht bewahrheiten möge. Anschwellender Waffenlärm nördlich des Dorfes ließ sie aufhorchen. “Zu spät!“ seufzte Heribert. Jörg fasste ihn ungestüm an, und beide eilten zu ihren Leuten zurück. Teilnahmslos ritt er an der Spitze seines Zuges heimwärts.

Nachdem sie einige Zeit ruhig dahingeritten waren, sahen sie in nicht zu großer Entfernung Flammen aus einigen Gehöften emporlodern. Und während sie sich noch vor dem hellen Schein zu schützen versuchten, stürmte von der Flanke her ein wilder Trupp Reiter unter fürchterlichem Kriegsgeschrei auf sie ein. Schnell zogen sie ihre Waffen und sammelten sich um ihren Anführer. Sie parierten furchtlos die hiebe, dass die Funken stoben. Todesverachtend und mutig drangen sie auf den Feind ein, so dass er bald die Flucht ergriff. Nach einiger Zeit hatte Heribert die Fassung wieder gewonnen und wandte sich an den Altknecht: “Nun ist guter Rat teuer, Jörg. Finden wir nicht einen Ausweg, fallen wir in die Hände des Feindes. Was schlägst du vor?“ “Dort, hinter dem brennenden Dorf steigt ein Wald an. Der wird uns schützen“. Ohne lange zu säumen, sprengte die Schar im Galopp dem Gehölz zu. Sie erreichten es ohne Zwischenfall.

Als der Morgen graute, hielten sie Ausschau nach dem Feinde und den Dörfern im Tal. Aber alles was sie erblicken konnten, waren rauchende Trümmerstätten, in Panik fliehende Bauern und schwedische Heerhaufen, die gegen Süden zogen. “Die Heerstraße dürfen wir nicht benützen“, bemerkte Jörg, “wir müssen mit der Sonne reiten und den Schweden im großen Bogen ausweichen, wollen wir ungehindert heimkommen“. “Das wird uns nicht gelingen“, erwiderte der junge Adelige, “bevor die Sonne untergeht, zünden die Schweden die Dörfer an und berennen die Feste des Vaters“.

Junker Heribert sollte leider recht behalten. Schon Mitte März hatte Torstenson die Grenzen überschritten und zu Schrattental sein erstes Hauptquartier bezogen. Einige Tage später war seine Vorhut in Haugsdorf, Wullersdorf und Hollabrunn einmarschiert, während die Hauptmacht vor Krems rückte, das gegen Ende März erobert wurde. Von hier zogen sie nach Grafenwörth und verlegten nach kurzer Zeit das Hauptquartier nach Stockerau. In der Nähe des Ortes zeigten sich schon vorher kleinere schwedische Abteilungen, die nach Korneuburg zogen und in den Weinbergen am Bisamberg lagerten. In jenen Schreckenstagen flohen viele Bewohner aus Stockeraus und Grafendorfs mit ihrem wertvollen Gut in Erdställe im Rohrwald, die ihnen Schutz boten. Heute sind noch einige solche “Schwedenhöhlen“ erhalten.

Unter den wenigen, die ihr Heim nicht verließen, war Mathias Federer. Stunde um Stunde hatte er vom Turm seines Anwesens nach Heribert Ausschau gehalten. Nach langen Tagen gelangte der Burgherr zur Überzeugung, dass sein Sohn in die Hände des Feindes gefallen sei. “Nun weiß ich“, äußerte er sich besorgt seinem Kaplan gegenüber, “dass Heribert ein Unglück zugestoßen ist“. “Was soll mir altem, gebrochenem Mann die Flucht“, ereiferte er sich, als ihm sein Beichtvater riet, wie viele Bürger das Heim zu verlassen. “Ein Federer weicht von der heimatlichen Scholle nicht“.

So kam es, dass einige Tage später plündernde Schweden die Brandfackel in die Dächer und Speicher warfen und die unverteidigte Feste in Schutt und Trümmer lagten, während sie den “Roten Hof“ verschonten. “Wenngleich sie alles raubten, ich wollte es ertragen, erfüllte sich mein Wunsch, meinen Heribert noch einmal zu sehen“, klagte der Burgherr. “Wenn ihr euch noch kurze Zeit geduldet, euer Sohn – so sagt mir ein dunkles Ahnen – kehrt heil zurück“, tröstete der Kaplan.

Indessen weilte der Junker nicht weit von der Heimat. Es war freilich schon mancher Tag vergangen, da er und seine Getreuen von daheim weggeritten waren. Immer mehr erkannten sie aber die Aussichtslosigkeit, gemeinsam nach Grafendorf zurückzukehren zu können. Eines Tages entschloss sich Heribert, die Pferde und Rüstungen einem Freunde anzuvertrauen, der in der Nähe von Stockerau einen Hof besaß, während er und seine Mannen, als Bettler verkleidet, in kleinen Gruppen der Heimat zustrebten.

Ohne Schwierigkeiten kamen der Junker und der Altknecht bis zu den ersten Häusern von Stockerau. Und als sie dann die winkelige und enge Hauptstraße entlangschritten, herrschte Totenstille, und der sonst so stark belebte Ort lag wie ausgestorben da. Auf einmal rief jemand: “Heribert, Junker Heribert!“ Als sie sich umdrehten, erkannten sie den Burgkaplan. Mit hastigen Schritten eilte er auf beide zu. Nachdem er sie herzlich begrüßt hatte, sagte er: “Nicht erschrecken, Junker. Euer Vater lebt, doch die Burg liegt in Schutt und Asche“. Und während sie weiterschritten, berichtete der Priester über die Tage des Schreckens, die Sorge des Burgherrn, über die Drangsal, die alle Daheimgebliebenen erlitten und dass am Abend zuvor die Feinde abgezogen wären. Als sie vor dem “Roten Hof“ ankamen, bat Heribert “Herr Kaplan, bereiten sie meinem Vater vor, bevor ich ihn in meine Arme schließe“. Es war ein Wiedersehen, wie es Menschen rührender nicht feiern können. Lange lagen sich Vater und Sohn wortlos in den Armen, bis Heribert sagte: “Seid mir nicht böse, wenn ich in eurem Haus nicht bleiben werde. Als mich die Unglücksbotschaft traf, dass meine Braut durch rohe Feindeshand den Tod gefunden hatte und als ich sah, welch Jammer im ganzen Land herrscht, kam ich darauf, dass alles Irdische eitel und vergänglich sei. Ich sage mich daher von allem Erdhaften los und trete in den Orden des hl. Franziskus. Draußen am Aurand in einer Zelle des “Klösterls“ will ich von nun an mein Leben dem Dienste des Herrn weihen“. Nach einer kleinen Weile hob der Greis seine Rechte und sagte: “Sei nochmals gesegnet und folge der Stimme deines Herzens“.

Während die Schweden das Land verließen, kehrten die geflohenen Bewohner allmählich zu ihren Heimstätten zurück. Manches Dorf lag verödet und Ruinen grüßten als Zeugen des Krieges. Verrostet lagen Pflug und Sense, und im ganzen Land herrschte Armut und Not.

Durch ein solches verödetes Dorf fuhr an einem nebeligen Spätherbstmorgen ein knarrender Bauernwagen. Er war mit allerlei Brauchbaren beladen. Es waren kleine Möbelstücke, Kisten mit Wäsche, Geschirr und anderes Gut, wie derartiges flüchtende Menschen im Augenblick der Not zusammenraffen. Neben dem Kutscher saßen zwei fröstelnde Frauen. Es waren dies Gertrudis und ihre Tochter. Sie kamen von der Grenze her, wo sie in einem entlegenen Walddorf die Tage des Schreckens verbracht hatten. Ihre Gesichter waren sorgenvoll. Nachdenklich und schweigend fuhren sie der Heimat zu. “Mutter, sieh!“ zeigte Gerlinde freudig nach dem Tal, “unser Hof. Ich kann ihn nicht ganz deutlich sehen, aber er steht“. Wohl stand der Hof, aber er war arg beschädigt. Plündernde Schweden hatten das Haus in Brand gesteckt. In einigen Räumen zu ebener Erde ließ es sich noch notdürftig wohnen. Schnell luden sie ihre Habseligkeiten ab und machten es sich in den Räumen, die noch am besten erhalten waren, soweit wohnlich, wie es eben die Not erlaubte.

Am wärmenden Feuer des offenen Kamins gedachten sie all der erlittenen Unbilden. Als Gerlinde in dem notdürftig hergerichteten harten Bette lag, dachte sie an Heribert, von dem sie wusste, dass er sie nach Grafendorf bringen sollte.

Nach einiger Zeit erfuhren sie, dass zwei Männer, ein junger und ein älterer, nach den Frauen gefragt hatten und dass dieses Fähnlein in der Nähe des Nachbardorfes von den Schweden gänzlich aufgerieben worden sei. Sie wussten nun, dass Heribert hier war und wahrscheinlich umgekommen sei. “Nun ist mein Lebensglück dahin. Freudlos werden nun die Tage“, klagte Gerlinde bitter der Mutter. “Es kann sich noch alles zum Guten wenden“, versuchte diese sie zu trösten, “wer bürgt dafür, dass Junker Heribert wirklich im Kampf gefallen ist?“ Diese Worte gaben Gerlinde wieder Zuversicht.

Im “Roten Hof“ nahm das Leben indessen wieder seinen gewohnten Verlauf. Die Dienstleute waren bemüht, die zugefügten Schäden auszubessern. In mühevoller Arbeit trugen sie die letzten Mauerreste der zerstören Burg ab, schafften die gewaltigen Quader vom Platze und legten einen neuen Garten an. Und das alles geschah unter Heriberts Leitung. Er fühlte sich verpflichtet, seinem alten Vater bis zur Vollendung dieser Arbeiten zur Seite zu stehen.

Als der Herbst ins Land kam und der Auwald in tausend Farben prangte, schritt eines Tages Junker Heribert durch das Tor des Franziskaner-Klösterls. Er erzählte Prior den Ablauf seines Lebens und bat dann: “Ehrwürdiger Vater, nehmt mich auf. Ich will der Welt und ihren Freuden entsagen“.

Der Prior, ein Mann mit wallendem Weißbart begrüßte ihn: “Dieser Schritt, mein Sohn, will bedacht sein. Oft ist es nur Täuschung, vielleicht wurde der Schritt nur durch die Bedrängnis des jungen Herzens ausgelöst. Hast du gründlich überlegt, so sei mir in unserem stillen Kloster willkommen!“

In genauer Erfüllung seiner Novizenpflicht war Junker Heribert den Mönchen alsbald ein lieber Mitbruder geworden. Was dem Prior besonders gefiel, war seine innige Marienverehrung. Diese Anbetungsstunden wurden mit der Zeit immer häufiger und sogar bis in die Nacht verlegt, so dass der Prior, der um die Gesundheit des jungen Mönches besorgt war, ihn zu mehr Ruhe mahnte. Dem seelenkundigen Mann war der eigenartige, vom inneren Leid sprechenden Ausdruck in den Augen des Jünglings nicht entgangen.

In dieser Zeit des inneren Kampfes dachte Heribert immer wieder über den Sinn der Worte des Priors nach. Sollte er wirklich rasch gehandelt haben? Sollte es tatsächlich nur Täuschung sein? Schamröte bedeckte sein Gesicht, wenn sich solche Gedanken seiner Seele aufdrängten. Er hätte in der Erkenntnis der Wahrheit aufschreien mögen und zu dem Manne hineilen wollen, der mit so sicherem Blick in Menschenherzen zu lesen vermag, um ihm sein Herz zu öffnen.

Er hatte schon manche schlaflose Nacht verbracht. Bleich waren seine Wangen geworden. Seine flackernden Augen kündeten eine Krankheit an. In seiner Not vertraute er sich immer mehr der Gottesmutter an und bat um Erleuchtung. Es war Spätherbst geworden. Um das einsam gelegene “Klösterl“ heulte der Novembersturm, dass die Fenster klirrten und die Bäume des nahen Auwaldes laut aufstöhnten. In einer solchen Nacht kniete der junge Novize vor der Mariengrotte nieder und betete. Dabei vergaß er den Sturm, die Zeit und sich selbst auch. Er mochte schon eine Weile hier verbracht haben, als es plötzlich in der Grotte hell wurde und die Gottesmutter eine liebliche weiße Blume in der Hand hielt, die sie dem in Entzückung Knieenden zuwarf und sprach: “Gott hat dein kindliches Flehen erhört. Deine Braut lebt. Ziehst du nun in das Leben zurück, bist du glücklich, gedenke immer des Herrn und dieser Stunde!“

Als das Glöcklein die Mönche zum Frühgebet rief, fanden sie ihren Mitbruder am Marienaltar knien. “Bruder!“ klopfte ihm der Prior auf die Schulter, “deine Wangen künden Krankheit. Begib dich zur Ruhe!“ Liebevoll geleitet ihn der Ordensvorsteher in seine Zelle. Hier berichtete Heribert seinem Obersten von dem schweren Seelenkampf und der wunderbaren Erscheinung. Am Schlusse bekannte er: “Die Scham war es Vater, die mich abhielt euch rechtzeitig Vertrauen zu schenken. Denkt nicht schlecht über mich“. “Wie sollte ich dich abhalten, mein Sohn, dich bindet noch kein Gelübde. Zieh hin in Frieden, den du hier vergeblich gesucht hast und werde glücklich!“

Heribert eilte heimwärts, dem Vater die frohe Botschaft zu berichten. Der war aber bereits vorbereitet. Die Kunde vom nächtlichen Wunder hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. “Rüste zur Fahrt und hol’ dir die Braut, die wir alle für tot hielten“ rief der Burgherr.

Tags darauf ritt der Junker, diesmal nur von einigen Knechten begleitet, die Heerstraße in nördlicher Richtung. Obwohl sie die Pferde immer wieder zum Lauf anhielten, kam Heribert der Weg sehr weit vor. Es dauerte für ihn eine Ewigkeit bis sie den Kirchturm von Röschitz erblicken konnten, bald darauf konnten sie auch schon den Lehenshof sehen.

Ahnungslos goss Gerlinde die Blumen im Garten, als plötzlich ein Reitertrupp durch das Tor des Hofes trabte. An der Spitze ritt Heribert. “Mein Gott, ist’s möglich! Heribert!“ schrie das Mädchen ganz entsetzt und rannte vom Garten herüber, während Heribert schnell vom Pferd sprang. Lange lagen sie sich in den Armen. Hand in Hand schritten sie glücklich ins Haus, wo Frau Gertrudis Heribert herzlich begrüßte. Der Junker fragte nun: “Wie kam es, Liebste, dass jener alte Mann euch beide totsagen konnte?“ “Das ist ganz leicht zu erklären. Er sagte einfach nach was andere vermutet haben. Es ist wahr, dass zwei Frauen unseres Hofes den Tod gefunden haben, zwei unserer Mägde, die zurückgeblieben waren. Die Feinde verlangten von ihnen vergrabenes Geld, und sie konnten ihnen kein Versteck zeigen. Im Tumult dieser Tage verbreitete sich dann das Gerücht, dass wir es waren, die diese Weigerung mit dem Tod gebüßt hätten. Wir warteten bis zum letzten Augenblick auf dich, mussten aber dann doch fliehen“. Anschließend erzählte sie davon, wie sie von dem unglücklichen Ausgang des Kampfes erfuhr, bei dem Heribert nach den Aussagen der Nachbarn ums Leben gekommen wäre. Er berichtete nun selbst von seiner Heimkehr, seinem großen Leid, seinem Aufenthalt im Kloster und dem Wunder, das die Gottesmutter an ihm wirkte.

Im nächsten Frühjahr führte Heribert seine Braut zu, Altare. Sie wurden vom alten Prior am Marienaltar des “Klösterls“ getraut. Als der Hochzeitszug im “Roten Hof“ einlangte, war der Jubel groß. Die junge Herrin verehrte man wie eine Königin.

Lange Jahre lebten beide glücklich. Ihr große Freude waren die beiden blonden Knaben, die zur Freude der Eltern prächtig gediehen. Den Großvater aber hatten sie nicht mehr kennengelernt, da er bald nach der Hochzeit gestorben war, während Frau Gertrudis noch viele Jahre den Kindern eine gute Großmutter war.

Es waren glückliche Jahre vergangen, als die Pest durch Dörfer und Städte zog und ihre Opfer forderte. Auch Gerlinde und ihre beiden Söhne raffte sie erbarmungslos dahin: Damit war es auch mit Herrn Heriberts Glück endgültig vorbei. Da er sich immer einsamer fühlte, verschenkte er sein ganzes Hab und Gut und zog wieder ins Kloster. Auch diesmal nahm ihn der alte Prior freundlich auf. Nach einigen Jahren harten Studiums empfing der ehemalige Gutsherr die Priesterweihe. Die “weiße Rose“, die er stets sehr sorgsam aufbewahrt hatte, brachte er ins Kloster mit. Als Pater Heribert, wie er sich im Kloster nannte, hochbetagt starb, legte man ihm die Rose in den Sarg.

Als das Kloster im Jahre 1783 aufgehoben wurde und die Gebeine der Mönche auf dem Stockerauer Friedhofe beigesetzt wurde, fand man in einem Sarge – so erzählt die Legende – eine eingetrocknete Rose.